Inside Tokyo #7a

12.02.2001 

DAAD-Kyushureise
 
Ende November sind wir also alle im Rahmen unserer großen Exkursion mit dem Flugzeug nach Kyushu, der südlichsten der vier großen Inseln Japans geflogen. Dort hatten wir für eine Woche Gelegenheit, Firmen zu besichtigen, Natur zu genießen und die japanische Lebensart zu erleben. Ganz im Süden in Kagoshima wartete unser Bus auf uns, mit dem wir die ganze Woche kreuz und quer durch Kyushu gefahren sind, bevor wir in Fukuoka das Ende unserer Reise erreichten. Dabei sahen wir die Städte Kagoshima, Kumamoto, Nagasaki und Fukuoka. Zwischendrin haben wir die Vulkanlandschaft des Mount Aso gesehen, einem Vulkan, der in der Mitte eines 24km weiten Kraters liegt und immer noch Schwefeldämpfe abgibt. Diese waren leider bei unserem Besuch so stark, dass wir nicht bis zum Krater aufsteigen konnten. Dank einer glücklichen Fügung im Zeitplan hatten wir auch noch Zeit für Kumamoto-Castle, ein sehr schönes altes Japanisches Schloss. Weil wir mal pünktlich abgefahren waren, blieben doch sage und schreibe 12 Minuten Zeit für dieses Festungsanlage. Etwas kurz? Kein Problem, wir haben alles gesehen, waren auf dem Turm und der Film ist auch voll geworden!
Insgesamt haben wir acht Firmen besichtigt, was unserer Reise mehr den Charakter einer Businessreise verlieh. Diese waren so verschieden und interessant, dass ich doch einen kleinen Überblick geben möchte. Angefangen haben wir mit Fujitaworks, einer Firma für Präzisionsmetallverarbeitung, gefolgt von NGK Glühkerzen, und Dojindo Laborreagenzien. In Nagasaki stand dann die Besichtigung der Sony-Fabrik an, die fast ausschließlich Chips für die Playstation herstellt. Für die neue Play Station 2 wird derzeit extra ein riesiges neues Gebäude mit Reinraumfertigung erstellt. Am nächsten Tag konnten die größte Werft, Mitsubishi Shipyard mit einem 1000m langen Dock besichtigen und Yashiki Trienekens, ein deutsch-japanisches Jointventure zum Neonröhrenrecycling. Dort wurden wir sogar auf deutsch begrüßt, den der Sohn studiert in Aachen Abfallwirtschaft und verspricht sich gute Aussichten auf einem zukunftsträchtigen Markt in Japan. Die Krönung fand dann am letzten Tag bei Fukagawa Porcelan in Arita statt. Arita ist die Wiege des japanischen Porzellans und Fukagawa der traditionsreichste Hersteller, der auch den kaiserlichen Hof beliefert, also vergleichbar dem Meißener Porzellan in Deutschland. Dort wurden wir besonders herzlich empfangen und hatten sogar Gelegenheit einen Teller nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Diese Teller haben wir kürzlich nachgesandt bekommen. Bei einem exzellenten Mittagessen konnten wir dann noch überlegen, was wir im Fabrikverkauf zu wirklich vernünftigen Preisen kaufen wollten, bevor wir unsere letzte Firma Sekisui Home (wenn man es schnell spricht hört es sich wie Sexy Home an - wohl nicht ganz unbeabsichtigt). Hinter diesem Namen verbirgt sich einer der größten Fertighaushersteller Japans. Die Fertigung läuft nach individueller Planung rasend schnell am Fliessband ab. Dort werden container-große Einheiten erstellt, die dann auf dem Bauplatz nur noch montiert werden müssen. Wirklich ein sehr beeindruckendes Verfahren. Von der Stabilität konnten wir uns in der Erdbeben-Test-Einheit überzeugen. Damit keine falschen Vorstellungen aufkommen muss dennoch darauf hingewiesen werden, dass die Japanische Bauweise von Wohnhäusern doch eher der amerikanischen entspricht und wesentlich auf Holzkonstruktionen beruht. An die Isolation eines deutschen Steinhauses kommen diese Häuser nicht ran, was ich hier allmonatlich an der Stromrechnung (im Winter heizen, im Sommer kühlen) merke. Einer meiner Kollegen berichtet, das die Innentemperatur bei Ausschalten der Heizung nachts bis auf 6 Grad absinkt - ohne das draußen Sibirien wäre. Mein Haus hat übrigens eine Metallaußenhaut, die dann im Sandwichverfahren innen noch mit einer dünnen Holz/Sonstwas-Platte eine dicke Wand suggeriert.
So viel dazu, zurück zu unserer Kyushureise. Die Firmenbesuche liefen eigentlich immer ähnlich ab. Wir fuhren vor, stiegen (natürlich im Anzug) aus dem Bus aus und hatten nach der Begrüßung in einem Konferenzraum Gelegenheit den Firmenfilm anzusehen. Dann haben wir jeweils die Produktion besichtigt, gefolgt von einer Fragerunde bei Kaffee und Tee. Danach stieg unsere Delegation wieder in den Bus ein und wir fuhren winkend zum nächsten Punkt - Politikerbesuche laufen wohl auch nicht anders ab. Besonders nett war für uns natürlich, dass bei den kleineren Firmen immer der Shacho (Chef) zumindest zum Gespräch vorbeischaute. Die Besichtigungen dauerten immer ca. zwei Stunden.
Abends waren wir dann in sogenannten Businesshotels untergebracht, worunter wir uns nur europäischen Einheitsstil vorstellen konnten. Dies änderte sich aber schnell, als wir feststellten, dass diese sog. Businesshotels fast immer typisch japanische Zimmer mit Tatami (Reismatten) und bescheidener Inneneinrichtung für uns vorhielten. So stellten wir unsere Schuhe am Hotel- oder Zimmereingang ab, zogen schnell den Yukatta (eine Art dünner Bademantel) an und nahmen erst einmal ein Bad im Onzen. Dabei konnten wir die japanische Badekultur kennenlernen. Wer sich unter Onzen einen normalen Pool vorstellt, liegt komplett falsch. Im Englischen würde man sagen "Hot Spring", was einer Mischung aus heißer Quelle und großer Badewanne entspricht. Weil man den Onzen gänzlich unbekleidet benutzt, ist er meistens nach Geschlechtern getrennt. Zunächst beginnt man sich zu reinigen, dazu setzt man sich auf kleine Schemel am Boden und seift und wäscht sich ein bis zweimal. Die Armaturen sind sehr niedrig, max. 50 cm über dem Boden angebracht, damit man alles im Sitzen erledigen kann. Wenn man alles abgespült hat, kann man endlich im heißen Onzen entspannen. Wichtig ist, das der Onzen nicht der Reinigung dient, dies erledigt man wie gesagt vorher, so dass man unbedingt darauf achten sollte, kein bisschen Seife mehr am Körper zu haben, wenn man in das Becken stiegt. Unsere Hotels hatten immer dann Onzen, wenn wir auch im Hotel traditionell japanisch gespeist haben. Und den Japanunerfahrenen sei gesagt, die Japanische Küche hält viel mehr bereit als nur Sushi! Wie lecker die Mahlzeiten mit teilweise über 30 Gedecken sein können ist übrigens unter http://grieger.net/fs/fs-kyushuhigh.htm zu sehen, wo ich die Highlights unserer Reise bildlich zusammengefasst habe. Bilder sagen schließlich mehr als Worte. Bleibt mir nur, ein großer Dank an Takeda-san, die alles perfekt organisiert hat und unseren Sponsor, den DAAD!
 
Hier gibt es die Bilder zur Geschichte.

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